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[DE] Was in der #masterarbeit drin steht

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Angefangen hat es ja mit der Frage einer Professorin, ob ich für ihr EU-gefördertes Projekt eine Recherchearbeit zur Frage “Wie wird eigentlich Geschlecht(ergerechtigkeit) in der Mensch-Maschine-Interaktion gemacht?” machen könnte. Dazu sind direkt auch ein paar Antworten zu “Welche Stolperfallen gibt es, und wie könnte man es besser machen?” gekommen. Gedauert hat das eine ganze Weile – den Überblick dazu gibt es im dazu gehörigen Blogpost (hier) von vor … einer Weile.

Für den ursprünglichen Literaturreview hatte ich mir ein paar grundlegende Quellen gesucht und dazu noch sieben Publikationen, die ganz spezifisch – aber nicht unbedingt als primäres Thema – Forschung zu Geschlecht(ergerechtigkeit) im Kontext Mensch-Maschine-Interaktion (englisch: “Human-Computer Interaction”, oder HCI) beschrieben haben. Daraus habe ich eine handvoll grober Empfehlungen abgeleitet.

Das bedeutet, ich habe einerseits bestehende Literatur zum Thema Geschlecht(ergerechtigkeit) in der HCI gelesen und daraus Ideen gesammelt. Von dort kamen vor allem die Stolpersteine (z.B. die Fehlannahme, dass es “Eine für Alle”-Lösungen geben könnte). Die sieben HCI-Publikationen habe ich jeweils mit der Frage “Was können wir hieraus lernen?” im Hinterkopf gelesen, und bin dabei auf einige Dinge gestoßen. Ein paar Autor*innen hatten sehr gute Ideen, die ich verallgemeinert habe, ein paar Autor*innen hatten gute Absichten, für die ich gute Alternativen gefunden habe.

Als der Literaturreview fertig war, hat die Zusammenarbeit  mit Katta angefangen. Nin (Neopronomen – weitere Infos im nibi-wiki) hat mir noch weitere Publikationen gegeben, aus denen ich Empfehlungen ableiten sollte, und mir Vorschläge gemacht, um die Empfehlungen feiner einzuteilen. Zum Schluss haben wir die Empfehlungen in zeitliche Kategorien und grobe thematische Zusammenhänge gruppiert.

Hier die Empfehlungen im zeitlichen Zusammenhang:

Projekt Lebenszyklus PhaseEntwerfen von ForschungsprotokollenEinwerben von FörderungenDurchführen von ForschungPräsentieren von Forschung
Beschreibung der Phase: Was passiert in dieser Phase?definieren, mit wem wer beforscht wird, wie, und wer dabei ein- bzw. ausgeschlossen wird.eine Finanzierungsquelle für das Projekt finden, Anträge schreiben.Zusammenarbeit mit den Forschungspartner*innen; sichergehen, dass keine wichtigen Aspekte übersehen oder ignoriert wurden.dokumentieren des Prozesses, der Ergebnisse, Stärken und Beschränkungen der Arbeit.
Empfehlungen: Kurzbezeichnungen der Empfehlungen, die mit dieser Phase zusammenhängen
  • Explizit über Geschlecht sprechen.
  • Individuell & gemeinsam Positionalität reflektieren.
  • Methoden auf Zugänglichkeit und Sensitivität prüfen.
  • Überlegungen & Einschätzungen zu Ausschlüssen anstellen.
  • Erwartungen prüfen und ausweiten.
  • Förderanträge als Möglichkeit zur Wissensweitergabe.
  • Identitäten von Teilnehmer*innen respektieren.
  • Verschiedene Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigen.
  • Kritisches Engagement fördern.
  • Aktiv suchen, was fehlt.
  • Geeignete Kontext-Information zur Verfügung stellen.
  • Über Repräsentation und vorausgehende Arbeiten reflektieren.
  • Sprache mit Bedacht wählen.

Wenn man die Empfehlungen so gesammelt vor sich stehen hat, sind sie eigentlich ganz logisch – das hat auch eine Person zu mir gesagt, nachdem sie das Kartendeck, in das ich die Empfehlungen umgesetzt habe, einmal durch geschaut hatte. Aber was ist dann der Mehrwert?

Einerseits die weiterführenden Informationen: auf jeder Karte finden sich ein paar Fragen, die zum Nachdenken und Darüber-Sprechen anregen sollen. Dann gibt es noch einen kurzen Text, der Beispiele und Erklärungen enthält. Und wenn in diesem Text Fachbegriffe z.B. aus den Gender Studies verwendet werden, werden diese auch noch in Fußnoten erklärt.

In einem ersten Workshop, den ich im September 2020 – wegen der Corona-Pandemie via zoom – abgehalten habe, haben die Teilnehmenden das Design der Karten positiv beurteilt. Das Feedback von diesem Workshop ist dann auch noch in die Masterarbeit eingeflossen – unter anderem wurden einzelne Formulierungen abgeändert, und ich habe unter Mithilfe von Freund_innen auch noch eine englische Version der Karten erstellt.

Achja – warum erst dann eine englische Version? Weil ich bereits relativ früh wusste, dass ich im September diesen Workshop halten würde. Ich habe also von vornherein die Karten selbst auf Deutsch erstellt.

In  die Masterarbeit sind also mehrere Übersetzungen eingeflossen:

  • von den originalen Quellen in allgemeinere Empfehlungen
  • von wissenschaftlichem Englisch zu etwas leichter verständlichem Deutsch
  • von diesem Deutsch in ebenfalls alltagstaugliches Englisch

Und das war’s dann eigentlich auch mit der Masterarbeit.

Die Verteidigung hat im Frühjahr 2022 stattgefunden. Ich glaube, die verdient einen eigenen Blogbeitrag 😀

[DE] Wie die #masterarbeit entstanden ist.

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November 2018 bis Februar 2022: so lange habe ich für meine Masterarbeit gebraucht. Quasi die komplette Länge von meinem Master-Studium.

Das hier wird jetzt primär ein “wie ist das Ganze zustande gekommen?”.  Wie ich das mit meinem ADHS gemanaged bekommen habe, wird noch ein eigener Post (something something Motivation, Fokus, und An-Dingen-Dranbleiben), genauso wie “was steht eigentlich genau drin”. Ich hoffe, damit sind dann viele Fragen geklärt :).

Neben der eigentlichen Masterarbeit (online verfügbar in der Bibliothek der TU Wien, hier) gibt es den finalen Output (Kartendeck inklusive Erklärungen etc., hier), und außerdem sind ein Literaturreview, ein Paper bei der Mensch und Computer 2020 und ein Beitrag im i-com Journal im April 2021 erschienen. Außerdem habe ich im Frühjahr 2023 auf der CHI (der größten Konferenz in der Human Computer Interaction Wissenschafts-Community) ein Poster mit Ergebnissen aus Workshops präsentiert – den zugehörigen Kurzbeitrag gibt es hier.

Also zum Ablauf.

Eine Professorin hat mich angesprochen, ob ich für ihr Projekt eine Literaturrecherche zum Thema “Gender Research in HCI” machen will. Es ging los mit einer allgemeinen Suche, weil was kann schon schiefgehen, wenn man “gender research HCI” in der Publikationsdatenbank der ACM eingibt? … einfach mal ein paar zehntausend Ergebnisse aus 50 Jahren, lol.

Also mal geschaut, was es an Aktuellerem gibt – und dabei hab ich einen Review gefunden, für den die Autor_innen recherchiert haben, wie in anderen wissenschaftlichen Publikationen über Benutzer_innen gesprochen wird. Wer also beforscht wird, von wem, zu welchen Themen (Schlesinger et al.). Außerdem wurde mir ein passendes Kapitel aus einem HCI Handbuch empfohlen. Gute Quellen, um zu starten.

Aus Schlesinger habe ich dann 7 verschiedene Papers ausgesucht und gelesen mit Fokus darauf, wie Geschlechtergerechtigkeit in den beschriebenen Projekten mitgedacht wurde – oder auch nicht. Also: die Autor_innen sagen zwar, dass sie irgendwie “gender” mit beforscht haben – aber wie haben sie das gemacht? Bei der Auswahl der Papers habe ich darauf geachtet, dass sie aus verschiedenen geographischen Bereichen kommen (nicht nur Nordamerika und Europa), dass halbwegs verschiedene Technologien beforscht wurden (z.B. Projekte zum Programmieren lernen, Forschung zu Verhalten auf Social Media), und dass es verschiedene Herangehensweisen gab (z.B. Sensoren als primäre Datenquelle, Interviews mit Benutzer*innen, Textanalyse).

Beim Lesen habe ich versucht, Offensichtliches genauso wie Dinge auf Meta-Ebene (“zwischen den Zeilen”) zu finden. Letzteres geht natürlich nur in begrenztem Rahmen, weil mir auch nicht alles auffällt, bzw. es eine Interpretationssache ist. Aus den gewählten sieben Papers ist dann, gemeinsam mit etwas Hintergrund dazu, wie Geschlecht überhaupt verstanden werden kann und was HCI überhaupt ist, ein Literaturreview mit einer Handvoll Empfehlungen geworden.

Diesen Literaturreview hat dann Katta in die Hände bekommen – und vorgeschlagen, ihn ein bisschen zu erweitern und ein Paper bei der MuC daraus zu machen. Es sind also drei weitere Papers dazu gekommen, und wir haben die Empfehlungen verfeinert. Das entsprechende Paper haben wir dann bei der Mensch und Computer 2020 eingereicht – und wurden sogar für einen Award nominiert!

Außerdem hatte ich einen Workshop bei der ditact Sommer Uni eingereicht. Dort wollte ich die Empfehlungen in Form des schon erwähnten Kartendecks ausprobieren. Die ditact hat eitgleich mit der MuC stattgefunden – aber weil beide statt wie geplant in physisch,  “nur” online waren, konnte ich mit relativ wenigen Problemen am gleichen Tag das Paper präsentieren und den Workshop abhalten.

Das Feedback, das ich im Rahmen dieses Workshops bekommen habe, habe ich dann in die Masterarbeit eingebaut – und in eine zweite Publikation, die Katta und ich basierend auf dem MuC-Paper im i-com Journal veröffentlicht haben. Danach hat es noch eine Weile gedauert, bis ich mich dazu durch gerungen habe, die Masterarbeit als “fertig” zu deklarieren: nämlich bis Ende Jänner 2022. Druck und Bindung waren dann eine Sache von wenigen Tagen.

Im Verlauf von 2022 habe ich dann noch ein paar weitere Workshops mit den Karten abgehalten, teilweise remote und teilweise in Präsenz. Die Ergebnisse daraus habe ich im oben erwähnten Kurzbeitrag auf der CHI 2023 in Hamburg präsentiert.

Dieser Blogpost ist gerade allen ernstes seit fast einem Jahr in den Drafts herum gelegen. Ich hoffe, der nächste dauert weniger lang.